Nachverfolgbarkeit
Politisch weiter brisant: Herkunftsdeklaration und Nachverfolgbarkeit
Auch nach dem knappen Scheitern der Konzernverantwortungsinitiative an der Urne vor gut 4 Jahren bleiben die Themen Herkunftsdeklaration und Nachverfolgbarkeit auf dem politischen Tapet. In der EU wurden letztes Jahr verschärfte Regelungen betreffend Lieferketten beschlossen, die nun auf die Debatte in der Schweiz ausstrahlen. Gewisse Kreise fordern einen Nachvollzug der EU-Regulierung durch den Bundesrat. Die Initianten der Konzernverantwortungsinitiative haben bereits eine neue Initiative angekündigt, «um sicherzustellen, dass das Thema in Bundesbern nicht auf die lange Bank geschoben wird». Das Thema Herkunftsdeklaration und Nachverfolgbarkeit bleibt also aktuell.
Niederschwellig zeigt sich die Tendenz zu mehr Transparenz bei der Neuregelung zur Backwarendeklaration in der Schweiz. Dort gilt neu eine schriftliche Herkunftsdeklaration für Brot und Feinbackwaren für den Offenverkauf. Dies ist nur eines der Beispiele, die zeigen, dass die übergeordnete Debatte zur Verantwortungsübernahme in Produktion und Handel nichts an Aktualität eingebüsst hat. Und mit den neuen Bestrebungen für eine Konzernverantwortungsinitiative II findet diese Debatte zunehmend Gehör in der Öffentlichkeit.
Die Initiative zielt darauf ab, Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden entlang ihrer Lieferketten stärker zur Verantwortung zu ziehen. Durch die Einführung strengerer Haftungs- und Sorgfaltspflichten sollen Unternehmen dazu gebracht werden, ihre Lieferanten genauer zu überwachen und sicherzustellen, dass keine Verstösse gegen grundlegende Standards auftreten. Dies würde auch den Druck auf die Handelsbranche erhöhen, transparente Herkunftsdeklarationen und eine lückenlose Nachverfolgbarkeit von Rohstoffen zu gewährleisten. Um den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen, müssten die Produkte korrekt deklarieret werden.
In der Praxis erfordert dies beispielsweise die Überarbeitung von Verpackungsdesigns und die Implementierung neuer Prozesse entlang der Lieferkette. Insbesondere für Unternehmen mit komplexen globalen Lieferketten kann dies eine immense logistische Herausforderung darstellen. Darüber hinaus müssten Unternehmen sicherstellen, dass sie über die technologischen Mittel verfügen, um eine effektive Nachverfolgbarkeit ihrer Rohstoffe zu gewährleisten. Dies erfordert den Einsatz von Datenmanagement- und Rückverfolgbarkeitssystemen, die oft mit erheblichen Investitionen verbunden sind. Die Integration dieser Systeme in bestehende Betriebsabläufe kann ebenfalls zeitaufwendig und komplex sein.
Wesentliche Herausforderung bleibt zudem, sicherzustellen, dass Lieferanten entlang der gesamten Lieferkette die erforderlichen Standards einhalten. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit mit Lieferanten und gegebenenfalls die Überprüfung und Zertifizierung ihrer Prozesse. Für Unternehmen, die in Ländern mit unterschiedlichen rechtlichen und kulturellen Rahmenbedingungen tätig sind, kann dies besonders komplex werden.
Zusammengefasst hätte eine solche Neuregelung komplexe und kostspielige Auswirkungen für den Handel in der Schweiz. Was auch die Initianten verkennen: Der Handel in der Schweiz übernimmt schon heute Verantwortung. Eine aktuelle Befragung der Mitglieder von Handel Schweiz zeigt, dass die Branche sich ihrer Verantwortung für einen nachhaltigen Freihandel bewusst ist: 48% der Mitglieder von Handel Schweiz äussern sich positiv oder eher positiv zu umwelt- und sozialpolitischen Klauseln in Freihandelsabkommen. Insgesamt votiert eine relative Mehrheit der Mitglieder von Handel Schweiz für mehr umwelt- und sozialpolitische Verantwortung der Unternehmen.
Die trotz allem auch vorhandene Skepsis gegenüber solchen umwelt- und sozialpolitischen Klauseln in Freihandelsverträgen begründet sich durch die beschriebene Sorge vor nicht umsetzbaren Anforderungen. Der Handel in der Schweiz ist bestrebt, die steigenden Anforderungen an Herkunftsdeklarationen und Rohstoff-Nachverfolgbarkeit zu erfüllen. Für die Branche ist es gleichzeitig aber zentral, dass Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben.
Jetzt geht es mit Blick auf die EU und eine allfällige Konzenverantwortungsinitiative II darum, Lösungen mit Augenmass zu finden, welche den verschiedenen Ansprüchen gerecht werden. Dies geht nur mit einer Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Regierungen und anderen Stakeholdern, um Lösungen zu finden, die sowohl praktikabel als auch wirksam sind.